Bist du schon näherfahren und willst beim Kleidung nähen den nächsten Schritt gehen? Wir stellen dir hier Nähtechniken vor, mit denen du es schaffst, dass deine selbstgenähte Kleidung professioneller und noch besser als Kaufkleidung aussieht.
Du gibst dir mit dem Nähen deiner Kleidung so wahnsinnig viel Mühe. Daher sind wir der Meinung, dass man mit ein wenig Näherfahrung auch einer anspruchsvolleren Verarbeitung von Kleidung durchaus Aufmerksamkeit schenken darf.
Übrigens geht es bei einer professionellen Verarbeitung auch um die Haltbarkeit und damit die Nachhaltigkeit deines Kleidungsstückes. Größtenteils werden Nähte dadurch stabiler und wenn ein Teil von innen auch schön ausschaut, hast du bestimmt auch länger Lust es zu tragen. Wir möchten dich also motivieren, dir diese zusätzliche Zeit zu nehmen und noch ein bisschen mehr ins Detail zu gehen.
Professionelle Innenverarbeitung: Mit diesen Nähtechniken klappt's
Insbesondere beim Kleidung nähen ist genaues Arbeiten sowieso unglaublich wichtig. Wenn du bereits einige Kleidungsstücke genäht hast, wird dir das vertraut sein. Und wenn dann (endlich) alles passt und von außen für alle anderen schön ausschaut, ist das auch ein erster, richtig großer Erfolg, den du unbedingt zelebrieren sollst!
Aber kennst du's: Auch wenn dich alle loben, dass das Teil so wunderschön aussieht, weißt du insgeheim, dass es im Inneren des Kleidungsstücks ein wenig anders ausschaut? Und hey, ganz ehrlich, das finden wir überhaupt nicht schlimm und der Fokus darauf sollte erst mit steigenden Nähfähigkeiten kommen. Aber beim Nähen geht es ja nicht nur darum, dass andere dein Teil von außen bewundern können, sondern dass DU ein tolles Gefühl hast. Und warum sollte man sich nicht auch über eine schöne Innenverarbeitung freuen können, selbst wenn man sie nur selbst sieht?
Lass' uns starten mit den neun Nähtechniken, die deine selbstgenähte Kleidung auf ein neues Level heben werden! Detaillierte Anleitungen zu den einzelnen Nähtechniken gibt's dazu.
1. Overlock statt Zickzack-Stich
Um innen schöne, versäuberte Nahtzugaben zu erhalten, kommst du beim Kleidung nähen früher oder später um eine Overlock nicht drum herum. Die Naht sieht einfach deutlich sauberer aus, als wenn du sie mit einem Zickzack-Stich versäuberst. Zudem hat die Overlock ein Messer, wodurch du eine saubere Kante erhältst.
Wenn du vor hast, viel Kleidung zu nähen, dann lohnt sich eine Overlock auf jeden Fall sehr. Wir empfehlen dir dann lieber, in eine gute Maschine zu investieren (Second Hand geht natürlich auch!) und nicht zu denen vom Discounter zu greifen. Unserer Erfahrung nach lohnt es sich, in eine hochwertige Overlock zu investieren. Die Discounter-Modelle sind wartungsintensiver, weshalb du ziemlich sicher mehr Zeit für die Handhabung investieren musst. Das muss kein K.O.-Kriterium sein, sollte dir aber bewusst sein.
Wenn du mehr zum Thema Overlock erfahren möchtest, dann schau' dir sehr gerne unseren Blogartikel zu den Overlock-Basics an.
Übrigens: Wenn du noch keine Overlock hast, dann können wir dir den Überwendlingsstich (auch Overlock-Ersatzstich genannt) an der normalen Nähmaschine empfehlen. Hierfür haben viele Maschinen auch einen separaten Nähfuß. Der Stich imitiert eine Overlock-Naht und sieht schon mal viel sauberer aus als der normale Zickzack-Stich.
2. Französische Naht für eine schönere Innenverarbeitung
Die französische Naht, oder auch "Couture anglaise" genannt, ist eine sehr gute Nähtechnik, um deine Kleidung von innen professioneller zu verarbeiten. Das Schöne: Man sieht später keine versäuberte Nahtzugabe mehr. Das Einzige, das du dabei beachten solltest ist, dass du idealerweise mehr als 1cm Nahtzugabe haben solltest. Mit 1,3-1,5cm Nahtzugabe ist die Verarbeitung deutlich einfacher und das Ergebnis auch schöner.
Die französische Naht kannst du im Prinzip an allen Stellen, an denen zwei Stoffstücke aufeinandertreffen, anwenden. Also Seitennähte, Schulternähte oder Armnähte. Von Rundungen würden wir dir dahingegen eher abraten. Stellen wie das Armloch sind tatsächlich richtig tricky.
Das Besondere bei der Verarbeitung der französischen Naht ist, dass man die Stoffe zunächst links auf links zusammenlegt. Ja, du hast richtig gelesen ;) Im Blogartikel beschreiben wir genau, wie du die französische Naht nähst und welche Stoffe und Kleidungsstücke sich am besten eignen.
3. Kappnaht
Die Kappnaht hat ein ähnliches Ergebnis wie die französische Naht, am Ende sieht man keine versäuberte Nahtzugabe mehr. Das Besondere an der Kappnaht ist, dass sie ganz flach ist, was innen natürlich super hochwertig ausschaut. Allerdings ist außen bei der Kappnaht immer eine Steppnaht sichtbar. Der Look ist dann eher etwas sportlicher, die Naht wird daher vor allem an Schulternähten von Hemden verwendet.
Prinzipiell kannst du die Kappnaht aber, wie die französische Naht, an allen Stellen anwenden, an denen zwei Stoffstücke aufeinandertreffen. Auch bei der Kappnaht sind Rundungen eher schwierig und ungeeignet. Wir empfehlen, eher gerade Strecken damit zu verarbeiten. Eine detaillierte Beschreibung, wie du die Kappnaht nähst gibt es hier.
4. Burrito-Methode, zum Beispiel für eine Schulterpasse
Bei der Burrito-Methode denkst du vielleicht eher erst mal nicht ans Nähen ;) Ähnlich dem Zubereiten des Wraps wird hier eine Stofflage zwischen zwei andere "gesandwiched", sodass am Ende keinerlei Nahtzugabe sichtbar ist.
Das ist insbesondere bei Schulterpassen eine tolle Verarbeitungsmöglichkeit, im Video zeigt dir Claire wie das funktioniert. Aber prinzipiell kannst du diese Nähtechnik an vielen Stellen einsetzen. Überall dort, wo es ein Außen- und ein Innenteil gibt und eine Lage, die dazwischen soll, kann man die Nähtechnik wunderbar verwenden.
Wir haben sie zum Beispiel bei der Kapuze von unserem Mantel Câlin angewendet.
5. Schöne Innenverarbeitung am Bund (für Hosen und Röcke)
Es gibt natürlich viele verschiedene Arten einen Bund anzunähen. Je nach Art der Hose oder des Rocks ist das auch sehr individuellen. Wenn du eine Hose oder einen Rock nähst und "klassisch" einen Bund ansetzt, dann gibt es eine tolle Alternative zu der "klassischen" Verarbeitung. Normalerweise bereitest du zunächst das Bund-Schnittteil vor, legst es dann rechts auf rechts an die Hosen-/Rockoberseite und nähst es fest. Innen siehst du dann die Nahtzugabe.
Es gibt aber auch einen Weg, mit dem man die Nahtzugabe innen verstecken kann. Wie das genau geht, erfährst du im Blogartikel, in dem wir die beiden Methoden, einen Bund anzunähen miteinander vergleichen.
6. Saubere Verarbeitung von Armloch und Ausschnitt durch einen Beleg
Belege sind eine wunderbare Möglichkeit, um Ausschnitte (sei es Hals oder Arm) sauber zu verarbeiten, und vor allem ohne, dass man später eine sichtbare Naht hat. In einigen Schnittmuster ist diese Verarbeitung bereits so vorgesehen, du kannst sie aber auch bei Schnittmustern umsetzen, die eine andere Verarbeitung vorsehen. Du kannst zum Beispiel einen Kragen ganz einfach weglassen und den offenen Bund mit einem Beleg schön verarbeiten.
Wir haben zwei Blogartikel für dich verfasst. In dem einen erklären wir dir, wie du einen Beleg ganz einfach selber konstruieren kannst. Das ist wirklich gar nicht schwer. Dafür haben wir den Beleg für ein Armloch konstruiert. Das gleiche Prinzip kannst du aber ebenso an einem Halsausschnitt anwenden.
In einem anderen Blogartikel zeigen wir dir, wie du den Beleg annähst und was du dabei beachten solltest. Dort erklären wir dir auch, welche Stoffe sich für Belege eignen.
Saubere Verarbeitung am Saum: Diese Nähtechniken kannst du nutzen
7. Saum-Verarbeitung an Ecken mit der Briefecke
Du denkst dir jetzt vielleicht: Was hat ein Brief mit Nähen zu tun? Die Briefecke ist ein toller Weg, den Saum an Ecken zu verarbeiten, zum Beispiel bei Rockschlitzen. Wir sind sicher, dass du der Briefecke schon einmal begegnet bist. Sie wird nämlich sehr häufig bei der Ecken-Verarbeitung an Tischdecken genutzt.
Mit der Briefecke vermeidest du, dass du an den Ecken deines selbstgenähten Kleidungsstückes eine Stoffwulst hast. Das passiert nämlich, wenn du den Saum erst an der einen Seite der Ecke umschlägst und dann noch einmal auf der anderen Seite. Mit der Briefecke erhältst du eine super saubere Verarbeitung. Wie du sie genau nähst, erfährst du hier.
8. Ansetzen eines Saumstreifens für einen sauberen Saum-Abschluss ohne sichtbare Naht (und zum Verlängern)
Wenn du an eine Hose oder einen Rock einen Saumstreifen ansetzt, schlägst du direkt zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum Einen hast du eine saubere Verarbeitung. Zum anderen kannst du das Kleidungsstück damit toll verlängern.
Das Schöne: Für so einen Saumstreifen kannst du ideal Stoffreste verwenden. In der Anleitung haben wir übrigens für den Saumstreifen die linke Stoffseite des Originalstoffes verwendet. Ein toller Weg, um den Streifen abzusetzen, aber dennoch in der gleichen Farbfamilie zu bleiben. Ein eingenähtes Paspelband verleiht der Anpassung noch den letzten Schliff an Professionalität.
Bei unserem Schnittmuster Hose Luise ist übrigens die Verarbeitung mit Saumstreifen am Hosenbein bereits vorgesehen. Die Höhe des Streifens kannst du dir natürlich an deinen eigenen Geschmack und auch an deine Körpergröße entsprechend anpassen. Auf dem Foto siehst du den Saumstreifen am Rock Lilli.
9. Saum umschlagen ohne sichtbare Naht mit dem Blindstich
Um eine sichtbare Naht am Saum zu erreichen, kannst du auf den Blindstich bzw. Blindsaum zurückgreifen. Den kannst du natürlich per Hand nähen, aber mit etwas Glück kann das deine Maschine genauso gut! Im Video zeigt dir Claire, wie man den Blindstich mit der Nähmaschine näht.
Ob deine Maschine einen Blindsaum nähen kann, schaust du am besten in der Bedienungsanleitung nach. Du benötigst auf jeden Fall einen separaten Blindstich-Fuß sowie den passenden Stich.
Hast du jetzt auch Lust bekommen, deine selbstgenähte Kleidung noch professioneller zu verarbeiten? Super! Wir freuen uns, wenn wir dich dazu inspirieren können, noch mehr aus deiner selbstgenähten Garderobe herauszuholen :)